Schuld und Gewissen sind wichtige Errungenschaften der menschlichen Persönlichkeitsentwicklung. Sie sind unverzichtbar für ein friedliches Zusammenleben. „Gewissenlose" Menschen, die auf andere keine Rücksicht nehmen, sind schrecklich.
Aber zu starke Schuldgefühle sind ungesund, sie beeinflussen unser Leben und unserer Beziehungen extrem negativ. Sie reißen Wunden täglich neu auf, bringen uns nicht nach vorne, werfen uns in einen Kreislauf des Grübelns. Wir stellen immer uns selbst und unsere Schuld in den Fokus und machen uns obendrein manipulierbar, weil wir uns selbst nicht mehr achten.
Wir alle, und damit meine ich wirklich alle, machen Fehler. Wir alle geben unsere Bestes. Keiner macht etwas mit Absicht etwas falsch. Manchmal klappt es, manchmal klappt es eben nicht.
Der einzige Zweck von Schuldzuweisungen besteht darin, den Idealen von anderen entsprechen zu wollen, was wir entweder zu lassen haben, oder was uns aufgedrängt wurde.
Durch Schuldzuweisungen wollen wir nur erreichen, dass sich jemand anders verantwortlich oder schuldig fühlt, für etwas, was wir selbst getan oder gelassen haben.
Also, ein wichtiger Schritt für weniger Schuldgefühle:
Dazu zu stehen, was wir tun. Verantwortung für unsere Handlungen übernehmen.
Selbstverantwortung für das eigene Tun und Lassen zu übernehmen, zu den eigenen Fehlern zu stehen, gehört zu jedem erfolgreichen Lernprozess.
Wir können nur versuchen auszugleichen, vielleicht zu korrigieren und wenn es gut läuft, die Fehler nicht zu wiederholen. Mehr nicht. Und das ist schon wirklich, wirklich eine Menge.
Und mal ehrlich, egal wie sehr wir uns anstrengen, es wird immer Menschen geben, denen wir nicht gefallen und die uns nicht mögen. Dagegen können wir nichts tuen. Da können wir noch so gefällig sein und alle unsere Ecken und Kanten abschleifen.
Irgendjemand wird uns immer doof finden.
Deswegen wird der Versuch, allen anderen zu gefallen, immer scheitern.
Der Versuch ist nicht realistisch, sondern unsinnig.
Schon griechische Dichter Äsop der 600 v. Ch. illustriert das sehr schön in einer Fabel:
Ein Mann reitet auf seinem Esel nach Haus und läßt seinen Sohn zu Fuß nebenher laufen. Kommt ein Wanderer und sagt: „Das ist nicht recht, Vater, dass Ihr reitet und lasst Euren Sohn laufen; Ihr habt stärkere Glieder.“
Da stieg der Vater vom Esel herab und ließ den Sohn reiten. Kommt wieder ein Wandersmann und sagt: „Das ist nicht recht, Bursche, dass du reitest und lässt Deinen Vater zu Fuß gehen. Du hast jüngere Beine.“
Da saßen beide auf und ritten eine Strecke. Kommt ein dritter Wandersmann und sagt: „Was ist das für eine Quälerei, zwei Kerle auf einem schwachen Tier? Sollte man nicht einen Stock nehmen und Euch beide hinabjagen?“ Da stiegen beide ab und gingen zu Fuß, rechts und links der Vater und Sohn und in der Mitte der Esel.
Kommt ein vierter Wandersmann und sagt: „Ihr seid drei kuriose Gesellen. Ist’s nicht genug, wenn zwei zu Fuß gehen? Geht’s nicht leichter, wenn einer von Euch reitet?“ Da band der Vater dem Esel die vorderen Beine zusammen, und der Sohn band ihm die hinteren Beine zusammen, zogen einen starken Baumpfahl durch, der an der Straße stand und trugen den Esel auf der Achsel heim.
Eigentlich wissen wir es ja. Es ist unmöglich, es allen recht zu machen. Selbst wenn wir es könnten: vermutlich bliebe immer einer übrig, dem das nicht ganz so recht wäre – uns selbst..
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